Der Beklagte (VN der HUK) hat keinen Anspruch darauf, Fotos und andere Gutachtenbestandteile zur Ermittlung eines höheren Restwertes im Internet zu veröffentlichen – Amtsgericht Haldensleben, AZ: 17 C 404/09, verkündet am 23.09.2010

Denn der Beklagte hat keinen Anspruch darauf, Fotos und andere Gutachtenbestandteile zur Ermittlung eines höheren Restwertes im Internet zu veröffentlichen (BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 68/08 – zit. nach Juris).

Der Prozessbevollmächtigte führte den Rechtsstreit seiner Mandantin wegen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall gegen den Schadenverursacher, versichert bei der HUK Coburg Versicherung. Der Gutachtenersteller war aufgrund der Streitverkündung ebenfalls im Rechtsstreit involviert.

Hintergrund der Klage war, dass der Haftpflichtversicherer die Schadenregulierung verweigerte, weil man der Meinung war, der Wiederbeschaffungswert als auch der Restwert seien nicht korrekt ermittelt worden. Dies, nachdem der Versicherer mit der Behauptung, der Datenschutzhinweis hindere ihn daran, das Gutachten einer Prüfung zu unterziehen, bereits ein Verfahren am Amtsgericht Stendal 3 C 285/09 (3.1) verloren hatte.

Leider unterlag der Prozessführung durch den Klägeranwalt ein gravierender Mangel. Indem die anwaltliche Vertretung der Klägerin wissentlich unkorrekt behauptete, dass die bereits erteilte Abtretung an Erfüllungs statt rückabgetreten worden sei, begab sich dieser in höchste Erklärungsnot. Die Folge, 30 % der Verfahrenskosten wurden seitens des Gerichts der Klägerin auferlegt.

Amtsgericht Haldensleben Verkündet am 23.09.2010
Dienstgebäude Womirstedt

– Zivilgericht –

17 C 404/09

Im Namen des Volkes
– Urteil –

In dem Rechtsstreit
der Frau G. L.
– Klägerin –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. I. & Partner

gegen

den Herrn J. H.
– Beklagter –
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt M.

weitere Beteiligte:
R. Z.
– Streitverkündete –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte K.-M., K. M.

wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall

hat das Amtsgericht Haldensleben – Zweigstelle Wolmirstedt – im schriftlichen Verfahren am 23. September 2010

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 850,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2009 sowie eine Rechtsanwaltsvergütung für die vorgerichtliche Tätigkeit in Höhe von 84,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.03.2009 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte 70 % und die Klägerin 30 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die jeweilige der Gegenseite durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in jeweils gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Am 28.10.2008 befuhr die Tochter der Klägerin mit dem PKW des Typs VW Golf, amtliches Kennzeichen: OK-…, die Kreuzung zur B 71, und zwar an der Abzweigung in Richtung Ebendorf. Der Beklagte beachtete nicht, dass die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs an dieser Kreuzung verkehrsbedingt anhalten musste und fuhr auf das ihm vorausfahrende Fahrzeug der Klägerin auf.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach den vollständigen Ersatz ihrer Schäden verlangen. Der Höhe nach habe sie ihren Schaden durch den Sachverständigen ………. ermitteln lassen, der in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen sei, dass ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliege. Den Wiederbeschaffungswert habe er mit 950,00 € bewertet, von dem er einen Restwert in Höhe von 70,00 € abgezogen habe. Daraus ergebe sich ein verbliebener Schaden in Höhe von 880,00 €. Zu erstatten seien ferner die Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens in Höhe von 367,17 € sowie eine Auslagenpauschale in Höhe von 30,00 €. Ferner könne sie von dem Beklagten die Zahlung eines Betrag in Höhe von 211,23 € für die notwendig gewordene Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts im vorgerichtlichen Verfahren verlangen. Soweit der Beklagte ihre Aktivlegitimation hinsichtlich der Geltendmachung der Sachverständigenkosten in Zweifel gezogen habe, weise sie darauf hin, dass sie die Abtretung des Sachverständigen nicht unterschrieben haben. Auch sei ihre Tochter nicht bevollmächtigt gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 1.277,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2009 sowie eine Rechtsanwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeiten in Höhe von 211,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.03.2009 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie Eigentümerin des an dem gegenständlichen unfallbeteiligten Fahrzeuges sei. Im Übrigen sei das von der Klägerin vorgelegte Sachverständigengutachten für ihn unbrauchbar gewesen, da er es aufgrund der Datenschutzklausel des Sachverständigen nicht in ausreichendem Umfang habe überprüfen können. Deshalb habe er das Gutachten an den Sachverständigen zurückgereicht, weshalb eine Auseinandersetzung mit den Ansprüchen der Klägerin nicht habe stattfinden können. Aus diesem Grund und auch deshalb, weil die Klägerin ihre Ansprüche hinsichtlich der Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abgetreten habe, sei er nicht zur Erstattung der Nachtragskosten verpflichtet. Darüber hinaus sei eine Unkostenpauschale in Höhe von 20,00 € ausreichend. Schließlich könne die Klägerin Rechtsanwaltsgebühren für die vorgerichtliche Tätigkeit ihres Bevollmächtigten allenfalls in Höhe eines Gebührensatzes von 1,3 und nicht – wie hier – in Höhe eines Gebührensatzes von 1,5 geltend machen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf den Inhalt dieses Gutachtens des Dipl.-Ing. … vom 13.05.2010 wird Bezug genommen. Bezug genommen wird auch auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat nur zum Teil Erfolg.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 850,00 € sowie eines weiteren Betrages in Höhe von 211,27 €. Der Anspruch auf Zahlung von 850,00 € ergibt sich aus § 823 Abs. 1 und 2 BGB, §§ 7, 18 StVG.

Zunächst ist die Klägerin aktivlegitimiert. Als Anlage zum Schriftsatz vom 15.07.2009 überreichte die Klägerin einen Kaufvertrag vom 03.02.2005, der das streitgegenständliche Fahrzeug zum Gegenstand hatte. Zwar hat der Abschluss eines Kaufvertrages keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Eigentümerstellung in Bezug auf einen bestimmten Gegenstand. Aus dem Umstand jedoch, dass die Klägerin sowohl Halterin des gegenständlichen Fahrzeugs als auch dessen Käuferin war, ergibt sich eine Vermutung dafür, dass sie auch dessen Eigentümerin war. In diesem Fall aber kann der Beklagte sich nicht darauf beschränken, die Eigentümerstellung der Klägerin mit Nichtwissen zu bestreiten. Vielmehr wäre es jetzt erforderlichen gewesen, substantiierte Zweifel an ihrer Eigentümerstellung vorzutragen, was aber nicht geschehen ist.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte in vollem Umfang für den der Klägerin aus diesem Verkehrsunfall entstandenen Schaden einzustehen hat. Für die Höhe des der Klägerin entstandenen Schadens hat das Gericht den Sachverständigen … mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, das der Sachverständige unter dem 13.05.2010 vorgelegt hat. In diesem Gutachten kommt er zu dem Ergebnis, dass der Wiederbeschaffungswert des Klägerfahrzeugs zum Unfallzeitpunkt 950,00 € und der Restwert 120,00 € bis 150,00 € betragen habe. Von diesen Angaben des Sachverständigen konnte das Gericht ausgehen, weil es an der Sach- und Fachkunde des Sachverständigen keine Zweifel hatte. Der Sachverständige ist dem Gericht aus einer Vielzahl vergleichbarer Verfahren als zuverlässiger und kompetenter Sachverständiger bekannt.

Unter Berücksichtigung der Angaben des Sachverständigen ermittelt sich ein Wiederbeschaffungswert in Höhe von 830,00 €, den die Klägerin vom Beklagten ersetzt verlangen kann.

Darüber hinaus kann die Klägerin eine Kostenpauschale in Höhe von 20,00 € verlangen. Nach der Rechtssprechung dieses Gerichtsbezirks ist eine Unfallnebenkostenpauschale in Höhe von 20,00 € ausreichend und angemessen.

Kosten für die vorgerichtliche Tätigkeit ihres Rechtsanwalts kann die Klägerin lediglich in Höhe von 84,50 € verlangen. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 14 Abs. 1 RVG i. V. m. Anlage I zum RVG. Aus den Anmerkungen zu Nr. 2 1300 W ergibt sich, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Zu Recht trägt der Beklagte vor, dass dies für den vorliegenden Verkehrsunfall nicht der Fall ist. Der Unfallhergang als solcher war zwischen den Parteien unstreitig. Im Streit stand hier lediglich die Höhe des Schadens, der im Ergebnis durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zweifelsfrei festgestellt werden konnte. Da der vorliegende Rechtsstreit keine über eine durchschnittliche Schwierigkeit hinausgehende Problematik aufwies, konnte die Klägerin den Ersatz höherer Rechtsanwaltsgebühren nicht verlangen.

Keinen Anspruch hat die Klägerin zudem auf Ersatz von Sachverständigenkosten. Denn insoweit ist sie nicht aktivlegitimiert. Der Beklagte hat als Anlage zum Schriftsatz vom 12.10.2009 eine Abtretung der Ansprüche der Klägerin an den Sachverständigen Zimper vom 03/04.11.2008 vorgelegt. Die Klägerin hat bestritten, dass es sich um ihre Unterschrift handelt, ist aber dem Vortrag des Beklagten, ihre Tochter habe für die Klägerin die Unterschrift geleistet, nicht entgegengetreten. Zwar hat die Klägerin ausgeführt, dass die Tochter nicht bevollmächtigt gewesen sei, die Unterschrift für ihre Mutter abzugeben. Dieser Vortrag ist allerdings unbeachtlich, da er unsubstantiiert ist. Die Klägerin kann nicht erklären, aus welchem Grund ihre Tochter sich beim Sachverständigen gemeldet und eine entsprechende Abtretung unterschrieben haben sollte, wenn dies nicht im Auftrag der Klägerin geschehen sein soll. Ein vernünftiger anderer Grund ist weder vorgetragen noch für das Gericht sonst ersichtlich. Hieraus ergibt sich aber, dass die Tochter der Klägerin nur in ihrem Auftrag gehandelt haben kann und ihren Anspruch gegen den Beklagten an den Sachverständigen abgetreten hat. Damit aber fehlt ihr die Berechtigung, diesen Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 247, 280, 286, 288 BGB. Der Beklagte befand sich auch im Verzug. Dies gilt unabhängig von dem Streit der Parteien über die vollständige Verwertbarkeit des von der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachtens. Es war klar, dass der Klägerin durch den vom Beklagten allein verschuldeten Unfall ein Schaden entstanden war. Diesen Schaden hat die Klägerin in ausreichendem Umfang und durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens spezifiziert. Der Beklagte kann auch nicht geltend machen, das Gutachten sei für ihn wegen der Datenschutzklausel unbrauchbar gewesen. Denn der Beklagte hat keinen Anspruch darauf, Fotos und andere Gutachtenbestandteile zur Ermittlung eines höheren Restwertes im Internet zu veröffentlichen (BGH, Urt. v. 29.04.2010 -1 ZR 68/08 -zit. nach Juris).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11 ZPO.

Anmerkung:

Dem obigen Urteil ging die Verhandlung um das Sachverständigenhonorar voraus.

Laut telefonischer Abfrage bei Gericht wurde die  Beklagte verurteilt, an den Kläger 377,71 € nebst 5 % Zinsen seit dem 15.11.2008 zu zahlen.

Sobald das Urteil in Schriftform vorliegt, werde ich es ebenfalls bei Captain-Huk einstellen.

Chr. Zimper

Nachtrag:

Das 2. Urteil wurde am 16.11.2010 eingestellt ( 17 C 1174/09 vom 23.09.2010 )