AG Diez – AZ: 3 C 86/11 vom 20.07.2011 – Versicherungsnehmer der HUK-Coburg muss durch seinen Versicherer gekürztes Sachverständigenhonorar aus eigener Tasche zahlen

Völlig willkürlich kürzt der Coburger Versicherer in Kraftfahrzeug-Haftpflicht-Schadenfällen den berechtigten Schadensersatz des Unfallopfers, in dem er auf das Honorar des Sachverständigen Kleinstbeträge erstattet. Nachdem tausende gegen den Versicherer ergangene Urteile offensichtlich  kein Umdenken bei den dortigen Verantwortlichen bewirkt haben, gehen immer mehr Geschädigte und deren Dienstleister dazu über, den Schadenverursacher, also den Versicherungsnehmer  auf die Erstattung ihres Schadensersatzanspruches zu verklagen.

Amtsgericht
Diez

Aktenzeichen: 3 C 86/11

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

In dem Rechtsstreit

J. M. aus S.

– Klägerin –

gegen

R. K. aus G.

– Beklagter –

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Diez durch die Richterin am Amtsgericht … am 20.07.2011 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 330,64 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2010 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin restliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 81,64 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.11.2010 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 A. Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die Parteien streiten vorliegend um restliche Schadensersatzansprüche betreffend Sachverständigenkosten und Rechtsanwaltsgebühren aus einem Unfall vom 07.09.2010 in Gutenacker.

Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls weitere 330,64 € Sachverständigenkosten zu zahlen.

Die Klägerin war berechtigt den Sachverständigen … mit der Erstellung der Schadensgutachten zu beauftragen.

Der Schädiger hat grundsätzlich die tatsächlich angefallenen Sachverständigenkosten zu ersetzen, wenn sich diese in einem vertretbaren Rahmen bewegen. Etwas anderes kann immer nur dann gelten, wenn der Geschädigte sich im Einzelfall eine Verletzung der Schadensminderungspflicht entgegenhalten lassen muss. Dies ist nur dann der Fall, wenn dem Geschädigten auf den ersten Blick hätte auffallen müssen, dass das Honorar des Sachverständigen nicht einer üblichen Vergütung nach § 632 BGB und der Billigkeit im Sinne des § 315 BGB entspricht. Dabei ist grundsätzlich auf den Beurteilungshorizont des Geschädigten abzustellen. Dieser ist grundsätzlich nicht in der Lage zu erkennen, ob er den günstigsten Sachverständigen gewählt hat. Ihm fehlen Vergleiche und andere Erkenntnismöglichkeiten, die dazu führen würden, dass es ihm zuzumuten wäre, die Sachverständigenkosten auf Billigkeit zu überprüfen. Dem Geschädigten ist auch nicht zuzumuten, im Vorfeld der Beauftragung des Sachverständigen nach einem Verkehrsunfall zunächst mehrere Vergleichsangebote einzuholen um danach evtl. den günstigsten Sachverständigen zu wählen.

Anhaltspunkte für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liegen hier nicht vor.

Soweit die Kfz-Haftpflichtversicherung der Beklagten, die HUK-Coburg, für Sachverständigenkosten lediglich 239,19 € ansetzen will, ist schon nicht klar, woraus sie dies herleitet. Bei dem von der HUK-Coburg im Abrechnungsschreiben herangezogenen “Gesprächsergebnis BVSK 2009 – HUK-Coburg” handelt es sich nicht um eine für die Schadensbemessung geeignete und heranzuziehende Grundlage, umso mehr die Beklagte im gleichen Schriftsatz erklärt, dass Honorarbefragungen des BVSK keinesfalls geeignet seien das “übliche” darlegen. Darüber hinaus hat die hinter der Beklagten stehende Versicherung noch nicht einmal dasjenige gezahlt, was dem von ihr angeführten Gesprächsergebnis entsprechen würde.

In Übereinstimmung mit der überwiegenden Rechtsprechung der Amtsgerichte und des BGH hat der Sachverständige auch nach ständiger Rechtsprechung des Amtsgerichts Diez im Rahmen des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums das Recht, sein Grundhonorar für sein Schadensgutachten nach einem Verkehrsunfall in Relation zur Schadenshöhe zu berechnen. Der ihm hier zuzubilligende Rahmen ist vorliegend nicht überschritten, da das Grundhonorar hier ca. 15% der Schadenssumme entspricht. Unstreitig ist vorliegend ein Schaden von ca. 2.200,- € entstanden, so dass sich das Honorar mit vorliegend 335,- € netto im Rahmen bewegt. Entgegen der Ansicht der Beklagten sind diesem Honorar die geltend gemachten Nebenkosten für Schreibauslagen, Kilometerkosten, Porto, Telefon und EDV-Großrechner hinzu-zusetzen. Inwieweit die Gebühren für Schreibauslagen, Kopien, Kilometerkosten, Fotos u.a. für übersetzt angesehen werden, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Im Übrigen gilt hier auch das oben Gesagte. Der Einwand gegen die Fahrtkosten, kann ebenfalls nicht, durchgreifen. Grundsätzlich muss es dem Sachverständigen überlassen bleiben, inwieweit er in einem vertretbaren Rahmen Fahrtkosten ansetzen will. Soweit die Beklagte meint, der Geschädigte habe ein Sachverständigenbüro in seiner Nähe mit der Begutachtung hätte beauftragen können, so mag es durchaus sein, dass in Großstädten, so im Falle des von ihr zitierten Amtsgerichts Bremen, grundsätzlich im Umkreis von 10 Kilometern mehrere Sachverständige gefunden werden können. Dies ist jedoch in einer ländlichen Gegend wie hier nicht der Fall, umsomehr hier auch in der Regel längere Strecken aufgrund der Entfernungen anfallen.

Die Beklagte ist weiter verpflichtet, der Klägerin weitere 81,64 € Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Die von dem Rechtsanwalt festgesetzte Gebühr ist nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG unbillig, und daher von den Ersatzpflichtigen hinzunehmen. Dem Rechtsanwalt steht bei bestehenden Rahmengebühren bei der Festlegung der konkreten Gebühr ein Spielraum von 20 % zu. Mit der Erhöhung der in jedem Fall angemessenen Regelgebühr um 0,2 ist im vorliegenden Fall diese Toleranzgrenze eingehalten. Die von der Beklagten angesetzte 0,8 Gebühr ist in keinem Falle nachvollziehbar.

Nach alledem war die Beklagte zu verurteilen.

Die Zinsentscheidungen folgen aus §§ 288, 247 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 ZPO nicht vorliegen.

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