HUK-Coburg kürzt rechtswidrig die Sachverständigen-Honorare – AG Stade, Urteil vom 5.5.2014 – 66 C 170/14 –

Amtsgericht Stade

66 C 170/14

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G., v. d. d. Vorstand Dr. W. Weiler, W. Flaßhoff, S. Gronbach, K.-J. Heitmann, Dr. H. O. Heroy, J. Sandig, S. Rössler, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg

Beklagte

hat das Amtsgericht Stade

im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO am 05.05.2014

durch die Richterin am Amtsgericht …

für Recht erkannt:

1.    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 83,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.03.2014 zu zahlen sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 70,20 €.

2.    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.    Der Streitwert wird auf 83,57 € festgesetzt.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Kläger hat aus abgetretenem Recht Anspruch auf Erstattung der restlichen Kosten, die der Unfallgeschädigten durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens entstanden sind.

Der Anspruch derUnfallgeschädigten gegen die Beklagte, bei der das Fahrzeug des Unfallverursachers haftpflichtversichert ist, resultiert aus den §§ 7, 18 StVG i. V. mit § 115 VVG. Diesen Anspruch kann der Klager nach erfolgter Abtretung (s. Anlage K 3) gegenüber der Beklagten geltend machen.

Unstreitig sind der Unfallgeschädigten durch die Erstellung des Sachverständigengutachtens über die Höhe des entstandenen Schadens gemäß Rechnung des Sachverständigenbüros, welches der Kläger betreibt, 371,57 € in Rechnung gestellt worden, woraufhin die Beklagte nur 288,00 € zahlte, so dass der tenorierte Restbetrag noch offen ist.
Diesen Betrag kann der Kläger aus abgetretenem Recht gegenüber der Beklagten geltend
machen.

Die Geschädigte durfte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an ihrem durch den Unfall beschädigten Pkw beauftragen und kann insofern von der Beklagten als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (s. im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des BGB m. w. N. BGH, 6. Zivilsenat vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13).

Als erforderlich sind nach der ständigen Rechtsprechung des BGH diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde, wobei dieses Gebot vom Geschädigten nicht verlangt, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Dies bedeutet bei der Beauftragung eine Kfz-Sachverständigen, dass sich der Geschädigte damit begnügen kann, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (s. BGH, a. a. O.).

Vielmehr genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast regelmäßig durch die Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen, wie im hiesigen Rechtsstreit ebenfalls vorgelegt (s. Rechnung vom 22.07.2011, Anlage K 2, Bl. 26 d. A.).

Letztlich sind nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die i. S. von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einem zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, a. a. O.).

Solche Umstände sind im Streitfall nicht festgestellt.

Soweitdie Beklagtenseite einwendet, dass vorliegend unverhältnismäßig hohe Nebenkosten angefallen sind, so folgt hieraus nicht, dass die Geschädigte davon ausgehen musste, dass vorliegend ein deutlich überhöhter Marktpreis für das Sachverständigengutachten verlangt wird. Insbesondere erscheinen die Schreibkosten im Hinblick auf das umfangreiche Gutachten nicht augenscheinlich zu hoch. Ebenso wenig erscheinen die anteiligen Fahrtkosten von 25,00 € pauschal unbillig überhöht.

Es ist darüber hinaus nicht dargelegt, aus welchen Gründen sich vorliegend ergeben sollte, dass die Geschädigte gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB verstoßen haben soll.

Soweit die Beklagtenseite schließlich einwendet, dass aufgrund des Umstandes, dass vorliegend nicht die Geschädigte selbst klagt, sondern der Kläger, welcher das Sachverständigengutachtengutachten selbst erstellt hat und in Rechnung gestellt hat, die Klage unbegründet sei, so kann dem nicht gefolgt werden.

Entgegen der Beklagtenseite ist das Gericht nicht der Auffassung, dass dem hiesigen Kläger gegenüber der Geschädigten eine Aufklärungspflicht dahingehend trifft, dass es bei den von ihm berechneten Kosten immer wieder zu Problemen mit der Abrechnung kommt, da diese als überhöht zurückgewiesen werden. Denn nach den obigen Ausführungen und im Einklang mit der BGH-Rechtsprechung hat die Geschädigte einen Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte, so dass nicht ersichtlich ist, warum vorliegend der Kläger hier darauf hinweisen sollte, dass möglicherweise die Versicherung unberechtigterweise gleichwohl die Zahlung verweigern wird.

Die Beklagte ist vorliegend auch nicht rechtlos gestellt, da sie sich – sollte die Sachverständigenvergütung tatsächlich nicht üblich und angemessen sein – ggf. die Rechte der Geschädigten gemäß den §§ 315 Abs. 3 bzw. 280, 631 Abs. 1, 812 BGB analog § 255 BGB hätte abtreten lassen und z.B. im Wege der Aufrechnung hätte geltend machen können (OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2006 – 4 U 49/05 – NJW-RR 2006, 1029).

Dies ist vorliegend, vorbehaltlich der Frage, inwieweit vorliegend das Honorar tatsächlich zu hoch bemessen war, nicht geschehen.

Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat seine Grundlage in den §§ 280, 286 BGB.

Der Zinsanspruch resultiert aus den §§ 288 Abs. 1, 289 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Berufung bestand kein Anlass.

 

Meinungen zum Urteil siehe: Captain-HUK

Aktuelle Urteilsliste Sachverständigen-Honorar HUK-Coburg Captain-HUK

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Spamschutz-Feld * Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.