Urheberrecht: Sensationelle Kehrtwende bei der Württembergischen Versicherung AG ?!

Kenntnis von Unfallopfern über ihre berechtigten Schadensersatzansprüche aufgrund von Gutachten unabhängiger Sachverständiger

Regelmäßig behaupten Versicherer, Gutachten von freien, unabhängig arbeitenden Gutachtern wären falsch, nicht nachvollziehbar oder könnten nicht geprüft werden. Die obwohl man eigene Gutachter hat, die Regelmäßig Schadengutachten in Kasko- und Haftpflicht-Schaden-Fällen erstellen.

Wenn dieses Fachpersonal jedoch nach eigenen Angaben des Arbeitgebers, nicht in der Lage ist, Fremdgutachten dahingehend zu überprüfen, ob der sich auf den Fotos darstellende Schaden mit dem Unfallhergang und den Werten aus dem  Gutachten in Übereinstimmung zu bringen ist, dann muss doch so einem Versicherer verboten werden, weiterhin das Geschäft der Kfz-Versicherungen zu betreiben, da hierfür das erforderliche Personal nach VVG – nachweislich – nicht vorgehalten wird.

Auf keinen Fall darf jedoch ein so vorherrschender Miss-Stand in einem Versicherungsunternehmen dem Geschädigten in Form von Schadensregulierung-Verzögerung bzw. -Verweigerung zu Lasten eines Geschädigten gehen.

Der nachfolgende Beitrag am Beispiel der Württembergischen Versicherung auf www.captain-huk.de zeigt auf, dass es Versicherern nicht um „die Prüfung“ von Gutachten sondern einzig und allein um eine kostengünstige rechtswidrige Kürzung von berechtigten Schadensersatzansprüchen geht.

Urheberrecht: Sensationelle Kehrtwende bei der Württembergischen Versicherung AG ?!

Donnerstag, 02.02.2012 um 17:28 von Redaktion bis Dato gelesen: 25940 ·und | 24 Kommentare

Bereits am 16.12.2009 und am 07.07.2010 hatten wir in Sachen Urheberrechtsverletzung der Württembergischen Versicherung AG berichtet. Unter anderem vertrat die Württembergische Versicherung bei den zugrundeliegenden Prozessen die (irrige) Auffassung, dass eine Haftpflichtversicherung grundsätzlich das Recht habe, die Lichtbilder des Sachverständigen in eine Restwertbörse einzustellen. Verlorene Prozesse waren aber offensichtlich noch nicht genug, denn auch in Folge war die Württembergische immer noch auffällig bei Urheberrechtsverletzungen durch unerlaubte Einstellung der Gutachten/Gutachtenlichtbilder in sog. Restwertbörsen. Darüber hinaus versuchte man entsprechende Verfehlungen immer als “Einzelfall” darzustellen; die “Einzelfälle” konnten jedoch als systematisches Vorgehen widerlegt werden. Nun scheint die große Wende eingetreten zu sein? Die Württembergische Versicherung hat inzwischen wohl (auch) festgestellt, dass es sich bereits beim Einscannen des Gutachtens samt Lichtbildern um eine Urheberrechtsverletzung handelt (Vervielfältigung von urheberrechtlich geschütztem Material)?

In einem Schadenfall vom 16.12.2011 wurde ein Schadensgutachten eingereicht, das die Württembergische Versicherung – entgegen der bisherigen Praxis – nun nicht mehr einscannen will/kann. So weit, so gut. Die Württembergische ist nun aber auch der Auffassung, dass sie nur Schäden abwicklen kann/muss, wenn das Gutachten in gescannter Form vorliegt. Der Hintergrund hierfür ist in Fachkreisen ja bestens bekannt und ergibt sich auch aus dem entsprechenden Vortrag der Württembergischen. Die Württembergische Versicherung will das Gutachten in elektronischer Form zu irgendeiner Fremdfirma, sog. “Prüfdienstleister”, versenden, obwohl sie selbst über eigene Sachverständige verfügt.  Wie wir aus der Vergangenheit sowie Gegenwart wissen, liegt der einzige Zweck der “Prüfdienstleister” darin, das Gutachten – zum Nachteil des Geschädigten – entsprechend “herunterzurechnen”. Die übliche Worthülse hierfür ist die Bezeichnung “Gutachtenüberprüfung”.

Hier das Schreiben der Württembergischen Versicherung – KSB Fachaufsicht/Controlling/Prozesse – vom 18.01.2012 an den Rechtsanwalt des Geschädigten:

“Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

Sie haben uns das Gutachten des … überlassen, das auf Seite 4 eine Klausel enthält, nach der Veröffentlichungen, Vervielfältigungen oder Nachdrucke jeglicher Art, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher, vorheriger Genehmigung durch den Verfasser gestattet sind.

Wir möchten das Gutachten in einer heute allgemein branchenüblichen Form durch eine Übersendung auf elektronischem Wege an einen Dienstleister einer Prüfung unterziehen. Zu diesem Zweck müssen wir das Gutachten zunächst einscannen, was eine Form der Vervielfältigung darstellt. Aufgrund der im Gutachten enthaltenen Klausel ist eine Vervielfältigung jedoch untersagt.

Bitte holen Sie daher die schriftliche Einwilligung des Sachverständigen ein, dass wir das Gutachten auf elektronischem Weg an einen externen Dienstleister übersenden dürfen oder aber beziffern Sie den Schaden in anderer Weise.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. …”

Liebe Württembergische Versicherung:

Zuerst einmal Respekt für die (fast) brilliante Analyse der Rechtsgrundlage zum Urheberrecht (Vervielfältigung).
In der Tat handelt es sich um eine Verletzung der Rechte des Sachverständigen, wenn Gutachten samt Lichtbildern eingescannt werden. Es handelt sich hierbei um eine Vervielfältigungsmöglichkeit auf (aller)höchster Ebene. Denn nach dem Einscannen ist die maximal mögliche Stufe der Vervielfältigung  zur massenhaften (und unkontrollierten) Verbreitung der Original-Unterlage realisiert.

Eine Verletzung der Rechte beim Einscannen von urheberrechtlich geschützem Material liegt jedoch immer und unabhängig davon vor, ob im Gutachten ein entsprechender Vermerk enthalten ist oder nicht. Betroffen sind demnach alle Sachverständigengutachten. Urheberrechte gelten nämlich grundsätzlich immer und auch ohne jeglichen Hinweis (im Gutachten). Demzufolge muss bei allen Gutachten mit Lichtbildern eine Genehmigung zum Einscannen eingeholt werden. Bei einem Aufkommen von ca. 3,5 -4 Millionen Kfz-Haftplichtschäden pro Jahr ein nützlicher Beitrag zur Schaffung/Sicherung von Arbeitsplätzen. Oder man lässt den ganzen “Kram” und reguliert Schäden wie in der Vergangenheit auf Grundlage des Originalgutachtens. Diese Abwicklungsart hat auch ohne Scanner jahrzehntelang bestens funktioniert? Das Larifari-Argument “Scannen muss sein” sticht demzufolge nicht!

Die Tatsache, dass die meisten Versicherer Gutachten nebst Lichtbildern heutzutage unberechtigt einscannen, um die internen Betriebsabläufe zu “optimieren”, kann und darf nicht zu Lasten des Geschädigten gehen. Denn bevor man irgendwelche “Betriebsabläufe optimiert”, sollte man im Vorfeld zuerst die Einhaltung der jeweiligen gesetzlichen Vorgaben sicherstellen. Irgendwelche rechstwidrige “Branchenüblichkeiten” zu etablieren, die dann vom Gesetz geduldet werden sollen, stellt das Rechtssystem auf den Kopf. Dies ist schon bei der Entscheidung des 1. Zivilsenats des BGH vom 29.04.2010 (I ZR 68/08) deutlich geworden. Auch bei dem dort zugrunde liegenden Rechtsstreit wurde seitens der HUK Coburg Versicherung argumentiert, es sei in der Branche “üblich” und zur Optimierung der Schadensabwicklung erforderlich, Gutachten einzuscannen um die Restwerte durch Einstellung der Gutachten in eine Restwertbörse zu “überprüfen”. Dass es sich dabei nicht um eine “Prüfung” handelt, sondern vielmehr um die Verkürzung des Schadensersatzes zum Vorteil der HUK, wurde natürlich nicht kommuniziert. Irgend eine “Üblichkeit” war für die Entscheidung des  1. Zivilsenats jedoch völlig unerheblich.

Der Geschädigte hat der Verpflichtung zum Beweis des Schadens Genüge getan, wenn er ein nachvollziehbares Gutachten beim Schädiger einreicht! Genau das ist hier durch den Anwalt des Geschädigten geschehen.
Die “optimalen Prozessabläufe” oder Beihilfe zur Optimierung des Geschäftsbetriebes irgend einer gegnerischen Versicherung sind für den Geschädigten völlig uninteressant und demnach neben der Sache.

Sofern die Versicherung des Schädigers nicht (mehr) in der Lage sein sollte, ein Originalgutachten entsprechend weiterzuverarbeiten, dann ist der Geschädigte mit seinem Anliegen an der falschen Adresse. Außerdem sollte man die BaFin entsprechend in Kenntnis setzen.

Bei Vorfällen dieser Art muss sich der Geschädigte eben direkt an den Schadenverursacher wenden. Der ist bestimmt in der Lage, ein Originalgutachten zu lesen – auch ohne dieses einzuscannen, elektronisch weiterzuverarbeiten oder an Control Expert & Co weiterzuleiten – und kann dann die entsprechenden Schlüsse daraus ziehen. Zumindest wird er irgendwann zum Schluss kommen, dass er wohl bei der falschen Gesellschaft versichert ist?

Denn wie wir alle wissen, gibt es zwar einen Direktanspruch an den Versicherer des Unfallgegners, der Geschädigte muss sich aber nicht mit der Versichererung des Unfallgegners auseinandersetzen. Insbesondere wenn der gegenständliche Versicherer – wie hier – “Druck” ausüben will. Es bleibt letztendlich dem Geschädigten überlassen, ob er beim Schadenverursacher (Fahrzeughalter / Fahrer) oder bei der Haftpflichtversicherung die Schadensersatzansprüche geltend macht.

Alternativ könnte der Geschädigte bzw. sein Rechtsanwalt nun auch sofort Klage gegen die Versicherung einreichen, da in dem gegenständlichen Fall eine Regulierungsverweigerung vorliegt. Es besteht keine Verpflichtung des Geschädigten, der Haftpflichtversicherung  des Unfallgegners “mundgerechte Gutachten” zu liefern.
Als nächste Schikane kommen Schädiger-Versicherer noch auf die Idee, den Schaden erst dann zu regulieren, wenn z.B. der Restwert durch eine überregionale Restwertbörse “ermittelt” wurde, oder erst dann, wenn das Gutachten keine Verbringungskosten enthält, die Ersatzteilzuschläge nicht ausgewiesen werden, nur mit durchschnittlichen Stundenverrechnungssätzen kalkuliert wird usw. Das wäre auch eine Art der “Prozessoptimierung”, da die Versicherer sich hierdurch die Kosten für die “Prüfdienstleister” einsparen können.

Sofern die Versicherung des Schädigers das Originalgutachten nicht als Grundlage zur Schadensregulierung verwenden will, dann wird wird wohl letztendlich im Gerichtsverfahren geklärt, ob das (ungescannte) Gutachten als Grundlage für die Schadensregulierung geeignet ist/war oder nicht.

Davon abgesehen, müsste der Geschädigte “mit dem Klammerbeutel gepudert sein”, wenn er Voraussetzungen schafft, die es dem Unfallgegner ermöglichen, berechtigten Schadensersatz willkürlich zu verkürzen und er sich als Folge dieser/seiner “Gutmütigkeit” monatelang um die restlichen Schadenspositionen mit der Versicherung des Unfallgegners herumschlagen muss.

Der Anwalt des Geschädigten (Fachanwalt für Versicherungsrecht)  scheint die wahren Hintergründe bzw. Absichten der Versicherung sowie die zugehörige Rechtsgrundlage (noch) nicht zu überblicken, da er am 25.01.2012  folgendes Schreiben an den Sachverständigen gerichtet hat:

Sehr geehrter Herr … ,

nachfolgend übermittle ich Ihnen ein Schreiben der Württembergischen Versicherung AG vom 18.01.2012. Man erbittet eine Genehmigung für das Übersenden Ihres Schadengutachtens in elektronischer Form an einen Dienstleister, der das Gutachten prüfen soll.

Ich bitte höflich um Übermittlung Ihrer schriftlichen Einwilligung.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt

Der Sachverständige, der auf Grundlage geltenden Rechts alle Register zieht, um die berechtigten Ansprüche des Geschädigten zu wahren, soll nun also aktiv dazu beitragen, dass die Württembergische Versicherung den Geschädigten mit Hilfe eines “Dienstleisters” ggf. “über den Tisch ziehen” kann?
Schreiben dieser Art zeigen wieder einmal, wie Rechtsanwälte (oftmals auch unbewusst) als “Erfüllungsgehilfe” des Schädigers agieren und dadurch Teile des Schadensersatzes gefährden. Vielleicht meint der Vertreter des Geschädigten es aber auch nur gut, indem er durch kooperatives Verhalten eine “zügigere Schadensregulierung” erhofft?
Wer die Regulierungspraktiken von Versicherern wie der Württembergischen langfristig beobachtet, der weiß, dass dies wohl ein Trugschluß sein dürfte? Insbesondere wenn eine Versicherung – wie hier skizziert – schon zum Beginn der Schadensregulierung auf Konfrontationskurs geht.

Abschließend kann festgestellt werden, dass die Württembergische Versicherung das Urheberrecht, zumindest was die Sachverständigengutachten betrifft,  nun offensichtlich (wenn auch nach einem längerem Prozess) im Kern verstanden hat?

Bleibt nur noch, den anderen Versicherern die (richtige) “Rechtsauffassung” der Württembergischen Versicherung AG “nahezubringen”. Insbesondere bei Versicherern die, wie z.B. die Allianz, über eine zentrale Datenerfassung/Scannerstelle verfügen, haben sich die “optimalen Betriebsabläufe” vom geltenden Recht inzwischen wohl deutlich entfernt?

Vielleicht gelingt es der Württembergischen Versicherung im Rahmen irgendwelcher “Tagungen”, die Kollegen der Mitbewerber von der urheberrechtlichen Problematik zu überzeugen => kleiner Scherz.

Letztendlich werden wir uns wohl – wieder einmal – selbst um diesen Mißstand kümmern müssen. Mit der “neuen Rechtsauffassung” der Württembergischen im Rücken wird die Sache natürlich deutlich erleichtert.

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